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Massenentlassung und Stellungnahme des Betriebsrats
22.03.2012. Arbeitsagenturen müssen rechtzeitig über einen außergewöhnlich hohen Zugang neuer Arbeitsloser informiert sein.
Daher sind Arbeitgeber gemäß § 17 Abs.1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) verpflichtet, bevorstehende Massenentlassungen bei der Arbeitsagentur vorab schriftlich anzuzeigen. Diese Pflicht besteht ab einer Betriebsgröße von 21 Arbeitnehmern.
Zu einer ordnungsgemäßen Massenentlassungsanzeige gehört die Pflicht, den Betriebsrat rechtzeitig über die geplante Entlassungswelle schriftlich zu informieren und sie mit ihm zu besprechen (sog. "Konsultationsverfahren" gemäß § 17 Abs.2 KSchG).
Die ordnungsgemäße Konsultation des Betriebsrats muss der Arbeitgeber wiederum der Arbeitsagentur nachweisen, und zwar im Rahmen seiner Massenentlassungsanzeige.
Die Formalitäten, die der Arbeitgeber dabei beachten muss, hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) vorgestern ein wenig begrenzt: BAG, Urteil vom 21.03.2012, 6 AZR 596/10.
- Wie muss der Arbeitgeber seine Verhandlungen mit dem Betriebsrat im Rahmen einer Massenentlassungsanzeige belegen?
- Der Fall des BAG: Interessenausgleich ohne Namensliste, aber mit Erklärung des Betriebsrats über den Abschluss des Konsultationsverfahrens
- BAG: Die Stellungnahme des Betriebsrates zu einer geplanten Massenentlassung kann auch durch einen Interessenausgleich ohne Namensliste ersetzt werden.
Wie muss der Arbeitgeber seine Verhandlungen mit dem Betriebsrat im Rahmen einer Massenentlassungsanzeige belegen?
Zur formvollendeten Anzeige einer Massenentlassung schreibt § 17 Abs. 3 KSchG vor, dass Arbeitgebern einer solchen Anzeige Unterlagen beifügen müssen, nämlich die Mitteilung an den Betriebsrat über die bevorstehende Massenentlassung und die Stellungnahme des Betriebsrats zu der Massenentlassung.
Aus Arbeitgebersicht ist das zu viel des Guten, da er ohnehin bereits mit dem Betriebsrat verhandeln muss. Denn Massenentlassungen sind Betriebsänderungen im Sinne von § 111 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), so dass der Arbeitgeber ohnehin über einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat verhandeln muss und dieser wiederum einen Sozialplan verlangen kann.
Um den bürokratischen Aufwand in Grenzen zu halten, sehen § 1 Abs.5 Satz 4 KSchG sowie § 125 Abs.2 Insolvenzordnung (InsO) daher vor, dass ein Interessenausgleich in bestimmten Fällen die Stellungnahme des Betriebsrats, die im Normalfall gemäß § 17 Abs. 3 KSchG erforderlich ist, ersetzt.
Allerdings ersetzt nicht jeder Interessenausgleich die der Massenentlassung beizufügende Stellungnahme des Betriebsrats, sondern nur ein Interessenausgleich mit Namensliste. In einem solchen Interessenausgleich werden die Arbeitnehmer, denen aus übereinstimmender Sicht von Arbeitgeber und Betriebsrat infolge der Betriebsänderung gekündigt werden muss, namentlich benannt. Und wenn der Arbeitgeber einen solchen Interessenausgleich mit Namensliste vorweisen kann, braucht er bei der Massenentlassungsanzeige nicht noch einmal eine (gesonderte) Stellungnahme seines Betriebsrats zu der Massenentlassung vorzulegen.
Aber gilt auch ein "normaler" Interessenausgleich als Stellungnahme des Betriebsrats zu einer geplanten Massenentlassung, d.h. kann der Arbeitgeber anstelle einer gesonderten Betriebsrats-Stellungnahme bei seiner Massenentlassungsanzeige auch einen solchen Interessenausgleich der Arbeitsagentur vorlegen?
Die praktische Bedeutung dieser Frage liegt darin, dass die Beifügung einer Stellungnahme des Betriebsrats gem. § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG notwendige Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Anzeige gem. § 17 KSchG ist, und dass eine ordnungsgemäße Massenentlassungsanzeige wiederum notwendige Voraussetzung für die Wirksamkeit der vom Arbeitgeber im Zuge der Massenentlassung ausgesprochenen betriebsbedingten Kündigungen ist.
Der Fall des BAG: Interessenausgleich ohne Namensliste, aber mit Erklärung des Betriebsrats über den Abschluss des Konsultationsverfahrens
Im Streitfall wurde über das Vermögen eines insolventen Arbeitgebers am 01.10.2009 das Insolvenzverfahren eröffnet und ein Insolvenzverwalter eingesetzt. Dieser informierte noch am selben Tag den Betriebsrat über geplante Massenentlassungen.
Schon wenige Tage darauf, am 08.10.2009, vereinbarten Insolvenzverwalter und Betriebsrat einen Interessenausgleich ohne Namensliste. Darin erklärte der Betriebsrat, dass ihm die nach § 17 Abs. 2 KSchG erforderlichen Auskünfte erteilt worden seien und er abschließend keine Möglichkeiten sehe, die beabsichtigten Entlassungen zu vermeiden. Das Konsultationsverfahren nach § 17 Abs. 2 KSchG sei damit abgeschlossen.
Der Verwalter fügte daraufhin seiner Massenentlassungsanzeige diesen Interessenausgleich bei und wies sowohl in der Anzeige als auch im Anschreiben an die Arbeitsagentur auf die Stellungnahme des Betriebsrats im Interessenausgleich hin. Nach Eingang seiner Massenentlassungsanzeige bei der Arbeitsagentur, am 12.10.2009, sprach der Insolvenzverwalter eine Vielzahl betriebsbedingter Kündigungen aus.
Einer der gekündigten Arbeitnehmer erhob Kündigungsschutzklage und berief sich darauf, dass der Massenentlassungsanzeige keine separate Stellungnahme des Betriebsrats beigefügt gewesen war. Und die Beifügung eines Interessenausgleichs, so der Arbeitnehmer, sei nur dann ausreichend, wenn es sich um einen Interessenausgleich mit Namensliste handele.
Mit dieser Argumenation hatte der Arbeitnehmer vor dem Arbeitsgericht Mannheim (Urteil vom 13.01.2010, 13 Ca 59/09) und in der Berufung vor dem Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Erfolg (Urteil vom 18.05.2010, 14 Sa 14/10).
BAG: Die Stellungnahme des Betriebsrates zu einer geplanten Massenentlassung kann auch durch einen Interessenausgleich ohne Namensliste ersetzt werden.
Beim BAG allerdings zog der Arbeitnehmer den Kürzeren. Denn das BAG hielt die Beifügung des Interessenausgleichs - auch ohne Namensliste - für ausreichend im Rahmen einer Massenentlassungsanzeige.
Zur Begründung heißt es dazu in der derzeit allein vorliegenden Pressemeldung des BAG, dass die Stellungnahme des Betriebsrats der Massenentlassungsanzeige deshalb beigefügt werden muss, um gegenüber der Agentur für Arbeit zu belegen, ob und welche Möglichkeit der Betriebsrat sieht, die angezeigten Kündigungen zu vermeiden.
Für diesen Zweck ist es ausreichend, wenn die abschließende Stellungnahme des Betriebsrats in einem der Massenentlassungsanzeige beigefügten Interessenausgleich ohne Namensliste enthalten ist, so das BAG. Entscheidend ist nur, dass die im Interessenausgleich enthaltene Stellungnahme des Betriebsrats eindeutig zeigt, dass die Kündigungen auch nach Auffassung des Betriebsrats unvermeidlich sind.
Fazit: Die Entscheidung des BAG versteht sich auf der Grundlage der gesetzlichen Vorschriften zur Massenentlassung nicht von selbst. Denn danach ist eine Stellungnahme des Betriebsrats erforderlich, die sich konkret auf die vom Arbeitgeber gemäß § 17 KSchG angezeigten Entlassungen bezieht.
Eine solche "Stellungnahme zur Massenentlassungsanzeige" ist aber nicht dasselbe wie ein Interessenausgleich, d.h. eine vertragliche Regelung, der man erst im Wege der genauen Lektüre entnehmen kann, ob sie eine "Stellungnahme des Betriebsrates zu den Entlassungen" im Sinne des Gesetzes enthält oder nicht. Andererseits spricht für die Entscheidung des BAG, dass das Gesetz für die "Stellungnahme des Betriebsrates" gemäß § 17 Abs. 3 Sätze 2 und 3 KSchG keine besondere Form vorschreibt.
Arbeitnehmern, die im Rahmen einer größeren Kündigungswelle betriebsbedingt gekündigt werden, ist trotzdem zu raten, sich auf Formfehler bei der Massenentlassungsanzeige zu berufen, wenn dieser keine ausdrückliche bzw. gesonderte Stellungnahme des Betriebsrats beigefügt ist, sondern nur ein Interessenausgleich ohne Namensliste. Denn auch das BAG verlangt, dass ein solcher Interessenausgleich ein "eindeutiges" OK des Betriebsrats zu den konkret geplanten und angezeigten Kündigungen enthält. Und diese Voraussetzung ist nicht in jedem Fall erfüllt.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.03.2012, 6 AZR 596/10
- Bundesarbeitsgericht (Webseite)
- Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 18.05.2010, 14 Sa 14/10
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsänderung
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsrat
- Handbuch Arbeitsrecht: Interessenausgleich
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Betriebsbedingte Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsschutzklage
- Handbuch Arbeitsrecht: Massenentlassung
- Handbuch Arbeitsrecht: Sozialplan
- Arbeitsrecht aktuell: 16/304 Dauer der Konsultation bei Massenentlassungen
- Arbeitsrecht aktuell: 16/192 Unterrichtung des Betriebsrats bei Massenentlassungen
- Arbeitsrecht aktuell: 12/314 Massenentlassung und Unterrichtung des Betriebsrats
- Arbeitsrecht aktuell: 12/252 Fehlerhafte Massenentlassungsanzeige
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das Gericht seine Entscheidungsgründe schriftlich abgefasst und veröffentlicht. Die Entscheidungsgründe im Volltext finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 17. Mai 2017
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